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Robbie Williams in der Krieau: Manöverkritik

Robbie WIlliams Konzert KrieauSeit November 2012 hatte ich die Karten im Büro an der Pinnwand hängen und hab mich ziemlich drauf gefreut. Ich habe deshalb sogar die Teilnahme an einem zeitgleich stattfindenden Segeltörn abgesagt, zu dem ich eingeladen worden wäre. Gestern abend war es endlich soweit: Robbie Williams bespielte in der Krieau eine gigantische Bühne, angeblich waren etwa 65.000 Fans vor Ort. Über das Konzert selbst schrieb z.b. Georg Leyrer beim Kurier ohnehin genug – ich will hier einige Beobachtungen teilen, die ich im Laufe des Abends gemacht habe:

Location:

Das Konzert fand am riesigen Trabrennplatz in der Krieau statt, der zwar genug Platz bietet, aber auch gravierende Nachteile hat. Das Ärzte-Konzert nur zwei Wochen davor wurde etwa ersatzlos abgesagt, weil durch anhaltende Regenfälle der Aufbau der Bühne nicht möglich gewesen war. Gottseidank war diesmal das Wetter in den Tagen vorm Konzert stabil. Auf meinem Panoramafoto beim Einmarsch der Menschenmassen sieht man die Einteilung des Platzes sehr gut:  es wurden in U-Form drei Tribünen aufgebaut, sodass in der Mitte noch massig Platz für den Stehplatzbereich war. Wir hatten Plätze ungefähr auf halber Höhe der Tribüne 3, genau gegenüber der Monsterbühne. Etliche Sitzplätze dort waren allerdings praktisch wertlos. Links unten in der 4. Reihe etwa hatte meine Nichte einen Platz ergattert, von dem aus das Technikzelt genau die Sicht auf die Bühne versperrte (in meinem Pano links von der Bühne gut zu erkennen). Auch auf Plätzen in den ersten beiden Reihen der Tribüne konnte man die Bühne nicht wirklich sehen – denn man blickte genau in Augenhöhe auf die Sonnenschirme über den Getränkeständen (diese sieht man auch gut, die grauen Schirme direkt unterhalb der Tribüne mit dem Zipfer-Logo). Es haben sich auch prompt etliche Leute bei den vor Ort anwesenden Mitarbeitern von oeticket beschwert und bekamen dann die Erlaubnis, in den Stehplatzbereich zu wechseln. Wer sich nicht beschwerte, hat leider Pech gehabt. Hier wurde beim Aufbau und der Planung der Tribüne nicht genug mitgedacht.

Sound:

Obwohl Mr. Williams mit gigantischer Bühnentechnik aufgefahren war, muss man leider sagen, dass der Sound auf der Tribüne enttäuschend suboptimal war. Es war LAUT, aber ziemlich weit weg von tollem Klangerlebnis, eher mehr ein Klangbrei mit 130 dB. Besonders deutlich merkte man das z.b. bei “Me and my monkey”, wo Stimme und Instrumente zu einem einzigen Sound-Gatsch verschmolzen. Es hätte nicht geschadet, wenn man beim Soundcheck auch auf die Tribünen einige Techniker entsendet hätte, denn dann hätte das auffallen müssen. Die Stimmung war dennoch gut, was für die Entertainment-Qualitäten des Stars spricht, wenn man das TROTZ elendem Sound schafft.

Handy & Co:

Wenn 65.000 Menschen gleichzeitig per Handy versuchen, ihren Facebook-Status abzufragen, updzudaten und Bilder hochzuladen sind die angrenzenden Mobilfunksender heillos überfordert. Ich habs nach kurzer Zeit aufgegeben, auch weil mein Telefon beim verzweifelten Versuch, Daten zu senden innerhalb einer Stunde fast 40% Akkuladung gefressen hat. Somit hat mein Telefon den Rest des Konzerts im Offlinemodus verbracht, damit für Filmen & Fotografieren genug Saft übrig bleibt.

Robbie WIlliams: HandymeerDie Optik auf Konzerten hat sich geändert: jeder Lichtpunkt auf diesem Bild ist ein Handybildschirm. Früher waren es Feuerzeuge, mit denen man bei besonders genialen Titeln mitgeleuchtet hat – heute kriegt der Star das Lichtermeer gar nicht mehr mit, weil die leuchtenden Handybildschirme ja naturgemäß von der Bühne WEGzeigen.

Es ist illusorisch, bei solchen Menschenmengen das Fotografieren oder Filmen mit dem Handy zu untersagen oder dieses Verbot tatsächlich zu überwachen – dann hätte man 75% der Besucher wieder rausschmeißen müssen. Spannenderweise verkauft Mr. Williams weiterhin seine Musik und auch zigtausende Konzertkarten, OBWOHL per Handy mitgefilmt wird. Das kann also nicht dran schuld sein, dass die Musikindustrie jammert.

Getränke:

Auf Konzerten ist man ja ohnehin gewohnt, abgezockt zu werden. Allerdings hat mich schon überrascht, dass beim Preis von € 5.- für einen halben Liter Getränk (egal ob Bier, Radler, Gespritzer, Almdudler, Pepsi) der Bechereinsatz von € 1.- noch extra verrechnet wurde. Instinktiv hab ich im ersten Bier nach Spuren von Goldstaub gesucht, wurde aber leider nicht fündig. Soda(!)wasser (nicht mal Mineral!) gab es nur im 0,30-Liter-Becher um € 2,70 – offenbar damit man nicht merkt, dass ein halber Liter somit heftige â‚¬ 4,50 kostet. Für Schilling-Nostalgiker: das sind ATS 68.- (Soda: ATS 61.-) für einen halben Liter Flüssigkeit! Eine teurere Flüssigkeit ist fast nur mehr Tinte für den Tintenstrahldrucker.

Robbie Williams: GetränkepreiseMan hat innerhalb eines Veranstaltungsgeländes keine andere Chance, an Getränke zu kommen, als sie vor Ort zu kaufen. Dennoch meine ich: auch wenn man daher Unsummen für ein Getränk verlangen KANN – man MUSS es nicht. Auch wenn sich das nicht in alle Herzen herumgesprochen haben dürfte: derartige Preisgestaltung ist schlicht unmoralisch. Würde der Lokalpolitik tatsächlich etwas an den Menschen liegen, so wäre jeder Betreiber eines Getränkestandes auf einer derartigen Veranstaltung dazu verpflichtet, Trinkwasser um nicht mehr als € 2.- pro Liter abzugeben. Damit ließen sich echt Sympathien gewinnen und real existierende Probleme lösen – nicht mit grün angemalten Radwegen oder ähnlichem Blödsinn. Bei den Temperaturen gestern hat es mich sehr gewundert, dass nicht wesentlich mehr Besucher aus Wassermangel einfach umgekippt sind.

Beim Einlass wurden übrigens die Taschen und Rucksäcke nicht allzu gründlich durchsucht, somit hatten manche geschafft, von zuhause etwas zu Trinken mitzunehmen. Das hätten wir wohl auch tun sollen, denn teurer hab ich selten Zipfer-Bier “genossen”. Eine Frage in die Runde: darf man eigentlich auf ein Konzert einen Rucksack mit Wasserbeutel mitnehmen, eines dieser Dinger die man z.b. zum Radfahren verwendet? Ich wüsste nix, was dagegen sprechen würde.

Getränke loswerden:

Auf Konzerten ist man auch die (meist ziemlich grauslichen) Kunststoff-Klokabinen gewohnt. Auch dieses Konzert war keine Ausnahme – man hat für 60.000 Menschen einfach dutzende dieser unwürdigen Scheißhauskisten aufgestellt, anstelle z.b. von vernünftigen Veranstaltungstoiletten in Wagenform. Gefühlsmäßig waren es auch viel zu wenige – ich kann aber nur vom Bereich hinter der Tribüne 3 sprechen. Ein Gutteil der Klokisten war nicht einmal von innen versperrbar, sodass meist zwei Leute beim Klogang nötig waren: einer der sich im Kisterl befindet, einer der draußen die Türe bewacht. Ist es wirklich zuviel verlangt, dass wenigstens solch einfache Dinge funktionieren? Wenigstens musste man für die Entsorgung der sauteuren Getränke nicht noch extra bezahlen.

Location, die zweite:

Robbie WIlliams: Abmarsch der BesucherDamit man sich das besser vorstellen kann, hab ich beim Einmarsch der Besucher ein kurzes Video gemacht. Nach dem Ende des Konzerts setzten sich diese Menschenmassen wieder in Bewegung, um das Gelände zu verlassen. Hier zeigte sich ein weiterer Schwachpunkt der Krieau – die Ausgänge sind für diese Menge an Menschen meiner Meinung nach viel zu schmal und lang. In Richtung Stadion stauten wir uns durch einen etwa 5 Meter breiten Korridor, der nur Richtung Festgelände und zum Stadion hin offen war. Als Begrenzungen waren links und rechts Bauzäune aufgestellt, die im Notfall auf etwa 200 Metern keinerlei Fluchtmöglichkeiten geboten hätten, da sie nicht nur in den üblichen Bodenständern verankert waren, sondern auf etwa Augenhöhe jeweils mit dem nächsten Element verschraubt waren. Der Korridor führte bis über die Meiereistrasse, die ebenfalls mit den Bauzäunen quer abgesperrt war. Das Abmarschkonzept mag auf einem Plan des Geländes gut aussehen – aber man will sich keine Schlägerei mitten im Korridor vorstellen (denn auch Einsatzkräfte müssten sich erst mühsam durch die Menschenmenge kämpfen!), man will aber noch viel weniger an eine Flucht von 20.000 Menschen in Panik durch diesen Korridor denken (etwa ein Drittel der Besucher müssten durch diesen Ausgang raus). Denn dann gibt es definitiv Tote. Dazu  braucht man keine Studie, es reicht etwas gesunder Menschenverstand und ein bißl Vorstellungsvermögen – das fehlt dem Planer dieses Wahnsinns eindeutig.

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Ernst Michalek
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